Ein Jahr Teilhabechancengesetz

| Stadt Eschweiler als Arbeitgeber

Als Ende 2018 das Teilhabechancengesetz beschlossen wurde, war für Bürgermeister Rudi Bertram klar, dass auch die Stadt Eschweiler langzeitarbeitslosen Menschen eine Chancen geben möchte. Gemeinsam mit dem Personalrat, der auch in der Vergangenheit eine aktive Beteilgung an Programmen und Projekten der Arbeitsmarktförderung unterstützte - eine Stadtverwaltung sollte mit gutem Beispiel vorran gehen - wurde die Einrichtung von xx Stellen beschlossen.

 

Neu und sehr begrüßenswert am Programm, das betonte Rudi Bertram im Pressegespräch der Wirtschaftsbetrieb Eschweiler, sei der Zeitraum von 5 Jahren. In diesem Zeitraum können die Teilnehmer als Kolleginnen und Kollegen in den Betrieb integriert werden. Ziel sei die anschließende Übernahme und Fortführung des sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Dieses wird mit dem Programm nämlich bereits begründet, auch wenn das Jobcenter in den ersten beiden Jahren die Lohnkosten mit 100%, später degressiv mit 90-80-70 % fördert. 

 

Ein Jobcoach, in Eschweiler in Gestalt von Peter Weißhaupt, unterstützt Teilnehmer und Arbeitgeber. 

 

 

 

 

 

Vor knapp einem Jahr verkündete die Stadtverwaltung Aachen im Rahmen des neuen Teilhabechancengesetzes die Einrichtung von 50 zusätzlichen Stellen im niedrigschwelligen Bereich für Menschen ohne oder mit geringer Chance auf reguläre Arbeitsverhältnisse. Jetzt hat die Stadt eine erste Bilanz gezogen: 30 Menschen wurden seitdem in ein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis eingestellt, acht Personen arbeiten zurzeit zur Probe im Hausmeister-, Küchen- und Kulturbereich. Und Professor Dr. Manfred Sicking, städtischer Dezernent für Wirtschaftsförderung, Soziales und Wohnen, sagt: „Wir sind guten Mutes, bis zum Sommer die 50 ursprünglich anvisierten Einstellungen tatsächlich realisieren zu können“.

 

Mit dem neuen Teilhabechancengesetz soll seit Januar 2019 im Rahmen des Förderprogramms „Soziale Teilhabe und Arbeitsmarktintegration“ in den Kommunen die zunehmende Verfestigung der Langzeitarbeitslosigkeit bekämpft und den betroffenen Menschen die Rückkehr in kontinuierliche Arbeitsverhältnisse ermöglicht werden. Manfred Sicking: „Im vergangenen Jahr wurden mit dem Programm bundesweit fast 50.000 Menschen in Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsmarkt untergebracht; fast ein Drittel davon in Nordrhein-Westfalen“.    

 

Zwei Förderinstrumente

Das Teilhabechancengesetz sieht zwei Förderinstrumente vor. Mit dem Paragraphen 16e SGB II soll Menschen, die seit mindestens zwei Jahren arbeitslos sind, wieder eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglicht werden. Hier hat der Gesetzgeber Lohnkostenzuschüsse für 24 Monate vorgesehen. Der Paragraph 16i SGB II richtet sich an über 25-jährige Personen, die seit mindestens sechs Jahren Arbeitslosengeld II bezogen haben und in dieser Zeit nicht oder nur kurzfristig erwerbstätig waren. Arbeitsgeber können hier zum Beispiel über einen Zeitraum von maximal fünf Jahren einen Lohnkostenzuschuss von bis zu 100 Prozent des Tariflohns bekommen, wenn sie Menschen aus dieser Personengruppe über einen längeren Zeitraum sozialversichert beschäftigen.  

 

„Hier wird Arbeit finanziert, nicht Arbeitslosigkeit“

Das Gesetz ist bewusst auf eine Zielgruppe ausgerichtet, die bisher kaum Zugang zum regulären Arbeitsmarkt hatte. Deren Beschäftigungsfähigkeit soll durch intensive Betreuung, individuelle Beratung und wirksame Förderung verbessert werden. „Obwohl wir schon seit einigen Jahren einen entspannten Arbeitsmarkt haben, gibt es bundesweit noch immer mehr als eine Million Menschen, die länger als sechs Jahre arbeitslos sind“, so Professor Sicking, städtischer Dezernent für Wirtschaftsförderung, Soziales und Wohnen. Und weiter: „Vor diesem Hintergrund ist das Teilhabechancengesetz etwas ganz Besonderes: Hier wird Arbeit finanziert, nicht Arbeitslosigkeit“.  

 

Über Erwerbsarbeit die soziale Teilhabe ermöglichen

Für Aachen bedeutet die Umsetzung des Gesetzes insgesamt die Einrichtung von rund 200 neuen Arbeitsplätzen. Stefan Graaf, Geschäftsführer des Jobcenters StädteRegion Aachen: „Nach derzeitigem Stand konnten in Aachen bisher insgesamt 218 Personen bei unterschiedlichen Arbeitgebern im Rahmen des Teilhabechancengesetzes gefördert werden. Erfreulich dabei ist, dass die geförderten Arbeitsplätze sich nicht nur auf die Kommune, sondern auch auf private Arbeitgeber, gemeinwohlorientierte Einrichtungen und Beschäftigungsträger verteilen“. Rolf Frankenberger, Leiter des städtischen Fachbereichs Wohnen, Soziales und Integration, fügt hinzu: „Die Stadtverwaltung sieht in den mit dem Teilnahmechancengesetz verbundenen Fördermöglichkeiten ein wichtiges Instrument, in Kooperation mit dem Jobcenter der Städteregion Aachen langzeitarbeitslosen Menschen über Erwerbsarbeit die soziale Teilhabe zu ermöglichen und gleichzeitig Transferleistungen einzusparen.“ Und weiter: „Das Gesetz eröffnet den teilnehmenden Menschen aber vor allem neue Chancen und Perspektiven, wieder in ein geregeltes Arbeitsleben und einen strukturierten Alltag zurückzufinden“.

 

Gute Erfahrungen mit den neuen Mitarbeitenden

Bei der Stadtverwaltung konzentriert sich der Schwerpunkt der neu geschaffenen Stellen auf einfache Helfertätigkeiten in den unterschiedlichsten Bereichen. „Wir haben insbesondere Stellen im Garten- und Landschaftsbau, im Hausmeister- und Küchenbereich sowie im Bezirksservice und Citygrün inrichten können“, formuliert Berthold Hammers, Leiter des städtischen Fachbereichs Personal und Organisation. Er fügt hinzu: „Mit der Umsetzung des neuen Gesetzes haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht. Die neuen Mitarbeitenden sind eine absolute Bereicherung. Das ist einerseits auf die Motivation der Programmteilnehmer und andererseits auf die Bereitschaft der städtischen Teams vor Ort zurückzuführen, die Menschen offen aufzunehmen“.  

 

Rolf Frankenberger weist noch einmal darauf hin, dass die Leistungsfähigkeit und Erwerbsorientierung von Menschen mit langer Arbeitslosigkeit bei der Stadtverwaltung sehr individuell ausgerichtet sei. „Wir arbeiten im Rahmen der Zuweisung zum Programm eng mit dem Jobcenter zusammen und jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin des Programms wird mit einem ganzheitlichen Coaching sowie einem entsprechenden Fallmanagement betreut“, erklärt er. Bemerkenswert: Bisher hat nur eine Person das Förderprogramm aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen und von den bisher eingestellten langzeitarbeitslosen Menschen konnte bereits die Hälfte den Leistungsbezug im SBGII beenden.

 

Gute Zusammenarbeit zwischen Stadt und Jobcenter

Die Bilanz nach einem Jahr Teilhabechancengesetz sieht also sehr positiv aus. Stadtverwaltung und Jobcenter loben die einhellig die gute Zusammenarbeit und Kommunikationen zwischen beiden Verwaltungen – auch kleinteilig zwischen dem Fallmanagement im Fachbereich Wohnen, Soziales und Integration und dem Jobcoach des Jobcenters StädteRegion Aachen. Und Dezernent Sicking verspricht abschließend: „Aufgrund der bisherigen positiven Erfahrungen mit dem Teilhabechancengesetz prüfen wir aktuell, ob wir in Zukunft weitere Einsatzfelder im Rahmen des Programms erschließen beziehungsweise die Stellenanzahl ausweiten können.“