„Die Kombination aus Sprachkompetenz und interkulturellem Wissen ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Integration von Geflüchteten in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt“, betonte Wilhelm Grafen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer (HWK) Aachen, bei der Vorstellung des Projekts „Werkzeugkoffer Deutsch“.
Dabei werden Migrantinnen und Migranten in 100 Unterrichtseinheiten über einen Zeitraum von 20 Wochen nicht nur wichtige Begriffe und Vokabeln für den Arbeitsalltag vermittelt, sondern sie erhalten auch Einblicke in die interkulturelle Kommunikation und den Umgang mit Kollegen und Vorgesetzten. Zusätzlich wird der Wortschatz zur Planung und Organisation von Arbeitsabläufen vermittelt – Fähigkeiten, die im Handwerk unverzichtbar sind.
„Das Konzept entstand 2019 als Antwort auf die große Fluchtwelle 2015/16“, erklärte Grafen. Damals lag der Fokus auf der Unterstützung junger Migrantinnen und Migranten, die in die Handwerksausbildung einsteigen wollten. „Heute haben sich die Anforderungen geändert“, führte Grafen weiter aus. „Immer mehr ältere Fachkräfte und Hilfskräfte kommen nach Deutschland, die bereits in ihren Heimatländern Berufserfahrung gesammelt haben. Auch ihnen wollen wir den Weg in die Arbeitswelt ebnen.“
Um diesen veränderten Bedürfnissen gerecht zu werden, hat die HWK Aachen zusammen mit ihrer Tochterfirma QualiTec das Projekt überarbeitet. Mit Unterstützung des Jobcenters Aachen wurde das Pilotprojekt Ende August 2024 neu gestartet – und das mit großem Erfolg. Die ersten acht Teilnehmenden, die bereits in ihren Heimatländern in Berufen wie Maler, Installateur, Fliesenleger und Elektriker tätig waren, nutzen das Angebot, um ihre Deutschkenntnisse gezielt auf die Anforderungen im Handwerksalltag auszurichten.
Der Lehrgang ist ein offenes Angebot, in das jederzeit neue Mitarbeitende einsteigen können. „Das Interesse seitens der Betriebe ist groß. Viele Unternehmen mit ihren familiären Strukturen sind bereit, den Migrantinnen und Migranten trotz anfänglicher Sprachbarrieren eine Chance zu geben – ein Zeichen für die Offenheit und Flexibilität im Handwerk“, hob Grafen hervor. Neu im Programm ist ein verstärkter Fokus auf den Kundenkontakt. „Die Teilnehmenden werden darauf vorbereitet, mit der Kundschaft zu kommunizieren – sei es am Telefon, bei der Aufnahme von Bestellungen oder im Umgang mit Beschwerden“, erklärte Grafen weiter.
Auch das Jobcenter Aachen sieht im „Werkzeugkoffer Deutsch“ einen zentralen Baustein, um den Einstieg von Migrantinnen und Migranten in den Arbeitsmarkt zu beschleunigen. „Es freut mich, dass das Handwerk und das Jobcenter auch im Bereich der Sprachförderung einen praxisorientierten Weg entwickelt haben, der den Menschen hilft, noch besser im Unternehmen und damit in der Gesellschaft anzukommen. Für viele Menschen ist der Spracherwerb in schulischer Form eine große Herausforderung. Hier bauen wir die Sprachförderung in den beruflichen Alltag ein. Ich hoffe, dass dies für alle eine Win-Win-Situation wird. Denn wir wissen um den Arbeitskräftemangel im Handwerk und die dringende Notwendigkeit, auch geflüchtete Menschen gut in die Handwerksunternehmen zu integrieren. Ich setze darauf, dass der Werkzeugkoffer greift und bei Bedarf immer wieder angepasst wird“, unterstrich Stefan Graaf, Geschäftsführer des Jobcenters Aachen.
Dass sich das Handwerk als starker Motor der Integration etabliert hat, zeigt sich nicht zuletzt in den aktuellen Ausbildungszahlen. Knapp elf Prozent der Handwerksazubis im Kammerbezirk Aachen haben einen ausländischen Pass. Seit der Flüchtlingswelle im Jahr 2015 hat es hier eine bemerkenswerte Veränderung gegeben. Die Mehrheit der ausländischen Auszubildenden kommt mittlerweile aus Syrien, gefolgt von Afghanistan und Irak. Die Türkei belegt den vierten Platz, nachdem sie jahrelang die Top-Platzierung in der Statistik einnahm. „Das Handwerk ist offen für alle, die sich engagieren wollen – egal, woher sie kommen“, sagt Grafen. „Was zählt, ist, wo sie hinwollen.“
Ein weiteres Beispiel für eine erfolgreiche Integration ist eine Teilnehmende des Projekts, die mittlerweile als Mitarbeiterin bei der StädteRegion Aachen tätig ist. „Wir wollen als StädteRegion die Integration in Arbeit massiv fördern, und weil die Grenzen meiner Sprache auch die Grenzen meiner Welt sind, ist der Kurs ein so wertvoller Türöffner“, freute sich Dr. Michael Ziemons, Sozialdezernent der StädteRegion Aachen.
Die Handwerkskammer Aachen wird sich auch in Zukunft aktiv dafür einsetzen, Migrantinnen und Migranten den Weg in den Handwerksberuf zu erleichtern. Durch maßgeschneiderte Informationsveranstaltungen, individuelle Beratung und gezielte Unterstützung bei der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse wird die Integration weiter vorangetrieben.
Pressemittelung der Handwerkskammer Aachen vom 16.09.2024